September 2001: Orgel aus Niederlanden erklingt bald in Mestlin
Während die Mestliner Kirche in der zurückliegenden Zeit zu einem kleinen Konzertsaal avancierte, gab es zu den Gottesdiensten und anderen kirchlichen Anlässen nur Musik von einem Pedalharmonium. Echte Orgelmusik war seit Jahren nicht mehr in dem Gotteshaus zu hören und die meisten Einwohner können sich gar nicht mehr an die Orgel erinnern.
Oben auf der Empore stehen noch die Fragmente des alten Instrumentes aus dem Jahre 1855. "Das sind der Orgelkörper und einige Pfeifen", so Propst Jens Krause. Aus der Kirchenchronik geht hervor, dass bis zum Mai 1945 Orgelmusik erklang. Aber gleich nach dem Krieg wurde die Königin der Instrumente zerstört. Dabei wies die Mestliner Orgel eine Besonderheit auf. "Sie stammt vermutlich aus Dobbertin und ist eigentlich aus einer anderen Orgel entstanden", führt der Propst weiter aus.
Bis auf den heutigen Tag musste das besagte Pedalharmonium als Ersatz herhalten. Pastor Friedrich Heise, Ruth Ortmann und viele Orgelspieler aus der Umgebung haben es in der Vergangenheit zu den kirchlichen Anlässen bedient. Nun hoffen nicht nur die Kirchgemeindeglieder darauf, bald wieder echte Orgelmusik in ihrer Kirche hören zu können.
Seit 1993, als Jens Krause nach Mestlin kam, war er auch auf der Suche nach einem entsprechenden Instrument. Doch es gab finanzielle Grenzen...
Dank der Initiative des Kantors Gerrit de Vries aus der niederländischen Partnergemeinde Sexbierum soll dieser Traum nun Wirklichkeit werden.
Seit Ende der achtziger Jahre besteht eine Partnerschaft zwischen den Mestlinern und den Niederländern. Die Orgel war immer wieder ein Gesprächsthema. Als Anfang des Jahres das Telefon bei Propst Krause klingelte, ahnte er die frohe Botschaft nicht: Die Niederländer hatten eine Orgel für Mestlin aufgetrieben, dazu völlig kostenlos inklusive Transport. Diese wurde aus einer dortigen Kirche ausgebaut und stehe zur Verfügung.
Sofort begannen die Aktivitäten in Mestlin. Da ist Geld für den Um- und Einbau der Orgel aufzutreiben, Genehmigungen der Behörden und der Landeskirche sind einzuholen... Rund 35.000 Mark (rund 17.895 €) werden jetzt benötigt, sagt Propst Krause und rief umgehend zu Spenden auf. Erfreut sind die Mestliner über die ersten Reaktionen. So hat die Gemeindevertretung beschlossen, einen Zuschuss zu geben und erste Spenden von Einzelpersonen sind ebenfalls bereits eingetroffen. "Rund ein Zehntel der Summe haben wir in ganz kurzer Zeit zusammenbekommen. Wir hoffen auf weitere Spenden", so, Propst Krause.
März 2003
In der Mestliner Kirche gehen die Arbeiten am Orgeleinbau zügig voran. Noch in diesem Halbjahr soll die Königin der Instrumente nach fast 60 Jahren Pause erklingen. "Wir werden es wohl kaum bis Ostern schaffen, es ist eben doch schwieriger als gedacht", so Orgelbaumeister Wolfgang Nußbücker. In der kalten Kirche kann man nur stundenweise arbeiten und außerdem ist eine "Umsetzung" sehr kompliziert. Diese Orgel stand zuvor in einer holländischen Kirche und ist ein Geschenk der Kirchgemeinde Sexbierum. Aus Platzgründen muss die Königin der Instrumente hier völlig neu aufgebaut und dabei stark verändert werden.
"In Holland stand sie auf der dortigen Empore etwas anders. Hier sind die Windlader nicht mehr neben- , sondern übereinander angeordnet und der Prospekt musste völlig neu aufgebaut und in die Höhe gezogen werden", erläutert Wolfgang Nußbücker. Eigentlich ist er seit 1999 bereits im Ruhestand, doch "ich muss noch etwas tun, sonst roste ich ein", lautet seine Devise und so hilft er seinem Nachfolger und Schwiegersohn Andreas Arnold wo er kann. Außerdem reizt ihn dieser Aufbau, denn es handelt sich um keinen üblichen Aufbau. Der Spieltisch mit zwei Manualen und einem Pedal sowie der Bedienung der elf Register, befindet sich einige Meter neben dem Prospekt, wie die Orgelfront genannt wird.
Mehrere Kabelstränge mit insgesamt rund 250 Adern verbindet diesen mit dem Musikinstrument. "Die Anordnung ist eigentlich für unser Land eher untypisch und wenig verbreitet", so Nußbücker. Gemeinsam mit Orgelbauer Bernd Leppin sortiert er alte und neue Teile und setzt diese wie bei einem Puzzle zusammen. Doch bis zu der ersten Klangprobe der bis zu 2,50 Meter hohen Pfeifen müssen sich die Musikliebhaber noch ein wenig gedulden.
Juni 2003
Danke!
Nach 58 Jahren ertönt am 14. Juni 2003
die Königin der Instrumente
Die Königin der Instrumente der Instrumente erklingt wieder in der Mestliner Kirche!
Am heutigen Sonnabend ist es soweit: In der Mestliner Kirche ist ab 19 Uhr wieder die volle Klangvielfalt einer Orgel zu hören. Zuvor wird Oberkirchenrat Andreas Flade die Orgelweihe vornehmen. Damit endet eine 58jährige Ära ohne die Königin der Instrumente. Lediglich ein altes Pedalharmonium verrichtete ab und zu seine Dienste. Die alte Orgel war in den Maitagen des Jahres 1945 zerstört worden und bis vor kurzem zeugten nur noch Fragmente von der einstigen Existenz. Die neue Orgel in der Mestliner Kirche ist zugleich eine alte und stammt aus den Niederlanden.
"Wir haben diese von unserer niederländischen Partnerkirchgemeinde aus Sexbierum geschenkt bekommen und haben durch viele Aktionen und Sponsoren sowie Fördermittel das Geld für den Wiederaufbau gesammelt", so Pastor Jens Krause.
Um diesen Aufbau kümmerte sich der Plauer Orgelbaumeister Wolfgang Nußbücker höchstpersönlich. Dabei musste er auch verschiedene Veränderungen vornehmen, die aber dem Klangbild keinen Schaden zufügten. Das war baulich bedingt, denn hier war der Platz nach oben gegeben und so wurden die Windlader übereinander gesetzt, statt wie vorher nebeneinander. Auch der Spieltisch mit seinen elf Registern, seinen zwei Manualen und einem Pedal befindet sich einige Meter neben der Orgel, für Mecklenburg-Vorpommern eher untypisch. "Bei uns in Holland hat dies bereits seit dem 18. Jahrhundert Tradition. Man kann dann den Pastor gut sehen und sich besser aufeinander abstimmen, als per Rückspiegel wenn man direkt vor dem Prospekt sitzt", so der Mitinitiator der Spendenaktion und Kantor aus Sexbierum, Gerrit de Vries. Verbunden ist der Spieltisch mit dem eigentlichen Musikinstrument durch ein dickes Kabel mit etwa 250 Adern.
"Die Orgel spielt sich wunderbar. Die Akustik kommt hier sehr gut, viel besser als an ihrem alten Standort", sagt begeistert Gerrit de Vries nach den ersten Proben in der Mestliner Kirche. Er wird am heutigen Sonnabend das Eröffnungskonzert und am morgigen Sonntag um 10 Uhr zum festlichen Gottesdienst dieses Instrument spielen. Dabei stehen Werke von Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn-Bartholdy und Christoph Willibald Gluck auf dem Programm. Unterstützt wird der Kantor durch die niederländische Sixtuskantorei aus Sexbierum.